Es hat gedauert wie es eben (nur) in Deutschland dauert: 20 Jahre Planung, Rückschläge, Störfeuer, technische und Datenschutzprobleme und etlichen Gesundheitsminister … Nun aber: ab dem 1. Oktober wird sie Pflicht – wiederum nur in den Arztpraxen – die Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA). Und da sind sie wieder die irreführenden Wortverdrehungen, wie damals die Praxisgebühr, die eigentlich eine Kassengebühr war, die niedergelassene Ärzte mit hohem bürokratischen Aufwand für die Kassen eintreiben mussten. Jetzt also Verpflichtung zur Nutzung einer elektronischen Patientenakte durch niedergelassene Ärzte mit Strafsanktionierung ab 1.1.26.
Im Krankenhaus alles wesentlich entspannter: man kann die ePA nutzen, dabei wäre es genau dort am wichtigsten. Keinerlei Sanktionen. Ja, die Hersteller von Krankenhausinformationssystemen stehen halt nicht so sehr unter der politischen Knute wie die Entwickler der Praxisverwaltungssysteme.
Wie steht es nun mit der Nutzung der Patientenakte durch die Patienten selbst? Bisher weitgehende Fehlanzeige: Unter unseren gesetzlich Versicherten ist nach eigenen Feststellungen zum offiziellen Start die Nutzung und das Wissen um die ePA sehr, sehr gering: Nur jeder 10. unserer GKV-Versicherten wisse und nutze die ePA für den medizinische Datenverkehr. Die Krankenkassen sind offenbar ihren Verpflichtungen zur aktiven Werbung für die ePA nicht ausreichend nachgekommen, man hätte 20 Jahre Zeit gehabt.
Immerhin … und das ist für unsere Patienten und Zuweiser die eigentliche Botschaft dieses Textes: die Kardiologen Rostock kommen mit den Funktionalitäten der ePA in ihrem PVS gut zurecht, wenn auch die automatische Leistungsziffernabrechnung für die erfolgreiche Befüllung der Akte im Moment eher noch Glückssache bleibt. Wir hoffen auf Besserungen durch die nächsten Updates. Derzeit scheint uns der Aufwand noch höher als der Nutzen. Bedenken zur Datensicherheit sind weiterhin vorhanden. Krankenhaus-Entlassbriefe Fehlanzeige. Der Medplan via ePA funktioniert recht gut und viele Hausärzte liefern inzwischen auch Laborwerte. Gut so! Allerdings gibt es keine einheitlichen Vorgaben für die Laborwertübermittlung, jedes Labor beharrt auf seine selbsterdachte Reihung der Referenz- und Messwerte.
Zurück zum Patientenfokus. Unsere Patientinnen und Patienten müssen jetzt sehr tapfer sein: Die Einrichtung der notwendigen App der Krankenkasse (selbst getestet) ist ein wenig vergügliches Unternehmen mit hohem Frustrations- und Zeitpotential. U.a. verlangt die App das neueste Betriebssystem auf dem Handy. Häufig hat Oma Krause bei uns am Tresen noch nicht mal eine Handynummer parat, geschweige ein neues Handy am Start. Und privat Versicherte haben erstmal gar keine Möglichkeit von einer ePA zu profitieren. Für sie bleibt das Prinzip Hoffnung.
Wir werden jedenfalls in Jahresfrist hier an dieser Stelle berichten, wieviel Doppeluntersuchungen und Medikationsfehler vermieden wurden und ob es die Krankenhäuser geschafft haben, einen Entlassungsbericht oder Herzkatheterbefund direkt auf die ePA zu laden.
(Vorsicht Satire … und Privatmeinung eines mehr als 20 Jahre niedergelassenen Kardiologen)
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